Verpackt, verschweisst, verflixt und zugenäht

Die in laminiertes Papier eingeschlagenen Maggiwürfel sind zusätzlich mit Transparentfolie zu einer grösseren Verpackungseinheit verschweisst. Jetzt brauche ich schnell – wirklich schnell – einen Würfel. Für ein Wok-Gericht, das gerade am Garen ist und das ich ständig umrühren muss. Also schnell die Transparentfolie aufreissen.

 

Wie, verflixt nochmal, kriege ich die auf? Da ist ein rotes Bändchen, aber ich kann es nicht fassen und daran ziehen, es ist irgendwie mit dem Rest der Verpackung verklebt oder verschweisst oder verbacken oder was weiss ich.

 

Gibt es sonst eine Möglichkeit, die Folie zu entfernen? Nein, die Folie ist absolut reissfest. Reissfester als reissfest. Auch mit den Zähnen habe ich keine Chance, mit den Fingernägeln sowieso nicht. Und zwischendurch schön im Wok rühren, rühren, rühren, sonst brennt das Gemüse an.

 

Bald darauf muss ich eine neue Flasche Rapsöl öffnen. Die Lasche, mit der man die Versiegelung des Ausgusses entfernt, reisst an der falschen Stelle, die zähe Membran bleibt am Ausguss. Wie bekomme ich sie weg? Heute nicht mehr.

 

Die Katze miaut, sie will etwas laktosefreie Spezialmilch. Die Zehnerpackung mit den Portionenschalen hat eine Hülle aus reissfester Folie. Ich reisse und drücke, zupfe und zerre, krazte und dehne, dieses verdammte Plastikzeugs bleibt unbewegt und ungerührt.

 

Eine Dose mit roten Bohnen öffnen. Zack – der Hebel, den man umbiegen muss, um den Blechdeckel abzuziehen, bricht ab. Nichts mehr zu machen. Dafür habe ich sicher bei den Bratkäse-Steaks Erfolg. Sie liegen in einer flachen Plastikschale mit transparenter Abdeckung bereit. Die verschweisste Abdeckung hat an einer Ecke eine lose Zunge, an der man nur zu ziehen braucht, damit sie sich seidenfein vom Behältnis löst.

 

Nichts zu wollen. Die dicke Folie lässt sich nicht abziehen, sie ist mit der Schale untrennbar verbunden, verleimt, verlackt, verbacken. Wenn jedes Flachdach in der Stadt so abgedichtet wäre, gäbe es hier garantiert keine lecken Flachdächer.

 

Zeit für ein paar Cashewnüsse. Die Plastiktüte wird an einer lose angeklebten Lasche sanft geöffnet, normalerweise. Diesmal funktioniert es nicht. Die Tüte dehnt sich unter meinen Kraftanstrengungen, wird dünn und dünner, beginnt Fäden zu ziehen – aber sie hält. Die Verpackungsindustrie hat gute Arbeit geleistet.

 

Jetzt hole ich im Keller Messer, Säge, Meissel, Hammer und mehrere Zangen, dresche, steche, haue, schlage, säge, ritze, zerre, reisse, schlitze und bohre, bis all die Behältnisse, Folien, Flaschen und Laschen mitsamt Inhalt an einem matschigen Haufen auf dem Küchenboden liegen. Hat das gutgetan! Wahrhaft eine befreiende Tat.

 

Wer mir jetzt vorwirft, ich hätte Foodwaste begangen, dem sei entgegnet: Mein heiliger Zorn richtete sich nicht gegen den Inhalt, sondern gegen die Verpackung. Jetzt weiss ich, warum es Läden gibt, in denen man unverpackte Lebensmittel bekommt.